Nicht zu knacken?

Die Chiffriermaschine Enigma

Durch Tastendruck erzeugt die Enigma einen Geheimtext, der um eine Vielfaches sicherer ist als eine von Hand verschlüsselte Nachricht. Die Technik, so hieß es, sei unschlagbar: Niemand könne den Maschinen-Code brechen. Überzeugt von der Sicherheit der Enigma, setzte das deutsche Militär die Chiffriermaschine daher zur Verschlüsselung geheimer Funksprüche ein. Polnische Kryptografen und britische „Codebreaker“ konnten jedoch einen Großteil der verschlüsselten Geheimnisse trotzdem mitlesen.

Hier erfahren Sie, wie genau die Enigma funktioniert; und wie die Codebreaker den angeblich unschlagbaren Code knackten.

Rotor-Chiffriermaschine „Enigma M3“ mit drei Walzen (Marineausführung), Chiffriermaschinen-Gesellschaft Heimsoeth & Rinke, um 1940
Rotor-Chiffriermaschine „Enigma M3“ mit drei Walzen (Marineausführung), Chiffriermaschinen-Gesellschaft Heimsoeth & Rinke, um 1940. MSPT, Foto: Bert Bostelmann

Das Objekt: Enigma M3

3D-Modell der Enigma

Wie funktioniert die Enigma?

Die Entschlüsselung der Enigma

Helfen Sie den Codebreakern!

Das Objekt: Enigma M3

Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelten Ingenieure unabhängig voneinander und in unterschiedlichen Ländern Chiffriermaschinen, die Buchstaben auf Knopfdruck verschlüsselten.

In Deutschland erhielt der Physiker Arthur Scherbius (1878–1929) im Jahr 1918 ein Patent für eine „Schlüsselmaschine“, die er Enigma (von gr. aínigma = Rätsel) nannte. Ihre komplizierte Mechanik wirkt bis heute rätselhaft und festigte damals den Mythos, dass der Enigma-Code nicht zu kacken sei. Bis heute hält die komplexe Funktionsweise der Enigma und die spannende Geschichte ihrer Entschlüsselung die Faszination lebendig.

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Scherbius bot die Enigma erfolglos dem deutschen Militär an, das von der Sicherheit der Handverschlüsselung überzeugt war. Erst nachdem bekannt geworden war, dass die Briten im Ersten Weltkrieg die geheimen Funksprüche der Deutschen größtenteils mitgelesen hatten, interessierte sich die Wehrmacht ab 1926 für die Chiffriermaschine.

Rund 50 000 Exemplare waren auf deutscher Seite im Zweiten Weltkrieg im Einsatz. Viele davon wurden bei Kriegsende zerstört, damit sie nicht den Feinden in die Hände fielen. Entsprechend sind die erhaltenen Exemplare wertvolle Sammlerstücke.

Enigma Objektfoto geöffnet Querformat_Museum für Kommunikation Nürnberg
MSPT, Foto: Bert Bostelmann
Enigma Objektfoto Steckerbrett 1_Museum für Kommunikation Nürnberg
MSPT, Foto: Bert Bostelmann

3D-Modell der Enigma

Sammlungsobjekte sind wertvoll und dürfen deshalb im Museum nicht angefasst werden. Ihre Funktionsweise kann dann oft nicht beobachtet werden. Der digitale Raum bietet hier neue und interaktive Möglichkeiten, damit Sie unsere Objekte trotzdem unter die Lupe nehmen können.

Zusammen mit anderen Kulturinstitutionen hat die Museumsstiftung Post und Telekommunikation in dem Projekt Museum4punkt0 neben anderen Sammlungsobjekten auch eine Enigma aus unserer Sammlung als digitales 3D-Modell nachgebaut.

Digitale Einblicke!

Erkunden Sie die Enigma im 3D-Modell.

Wie funktioniert die Enigma?

Die Enigma ist eine Schreibmaschine, die Buchstaben vertauscht, anstatt sie zu schreiben. Wird ein Buchstabe auf der Tastatur gedrückt, leuchtet der Geheimbuchstabe im Lampenfeld darüber auf. Buchstabe für Buchstabe kann so der Klartext in einen Geheimtext übersetzt werden. Zwischen dem Tastendruck auf der Tastatur und dem aufleuchtendem Geheimbuchstaben im Lampenfeld vertauscht die Enigma einen Buchstaben sieben Mal; in bestimmten Fällen sogar noch öfter.

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Das Schaubild zeigt den Weg des Stroms, der durch das Drücken einer Buchstabentaste ausgelöst wird: Im Steckerbrett werden zehn ausgewählte Buchstabenpaare vertauscht. In den Walzen wird der Buchstabe dann insgesamt sieben Mal vertauscht: Einmal in jeder Walze; dann ein viertes Mal im Reflektor; und weitere drei Mal, wenn der Strom auf einem anderen Weg durch alle Walzen zurückgeleitet wird. Bevor der Geheimbuchstabe am Ende im Lampenfeld aufleuchtet, wird er ein zweites Mal durch das Steckerbrett geschickt. Die dort ausgewählten Buchstaben werden somit insgesamt neun Mal vertauscht.

Enigma beschriftet Museum für Kommunikation Nürnberg
MSPT, Foto: Bert Bostelmann / Joel Fischer
Schaubild Enigma
Atelier Meinhardt, Nürnberg

Was genau passiert in den Walzen?

Im Ausstellungsraum veranschaulicht die Hands-On-Station „Enigmapuzzle“, wie genau die Buchstaben in den Walzen vertauscht werden. Kommen Sie vorbei und erforschen Sie das Geheimnis der Enigma! 

Die Entschlüsselung der Enigma

Die Enigma bietet theoretisch103 Trilliarden Möglichkeiten, einen Buchstaben zu verschlüsseln. Der Enigma-Code ist dadurch sehr kompliziert, er folgt jedoch auch einem einheitlichen System, das sich – zumindest theoretisch – aus dem verschlüsselten Text ableiten lässt. In der Praxis war das jedoch eine Herkulesaufgabe, die anfangs allein daran scheiterte, dass die Mechanik der Enigma geheim gehalten und unbekannt war.

Trotzdem gelang 1932 dem polnische Mathematiker Marian Rejewski (1905–1980) das scheinbar Unmögliche: Er knackte den Enigma-Code. Ab 1939 waren auch die „Codebreaker“ des britischen Geheimdiensts in Bletchley Park in der Lage, einen Großteil der verschlüsselten Enigma-Funksprüche zu entschlüsseln und dadurch den Verlauf des Zweiten Weltkriegs entscheidend zu beeinflussen.

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Wie die Enigma einen Buchstaben vertauscht, wird durch vier Einstellungen bestimmt. Die erste ist die Auswahl der Buchstaben im Steckerbrett. Die anderen drei werden durch die Auswahl der Walzen, ihre Reihenfolge und durch die Ausgangsposition der Walzen festgelegt. Zusammen bestimmen sie den „Schlüssel“ der Enigma. Erst wenn dieser bekannt ist, kann ein Geheimtext mithilfe einer identisch eingestellten Enigma entschlüsselt werden.

Die Deutschen änderten jeden Tag die Einstellungen der Enigma, um die Sicherheit der Verschlüsselung zu erhöhen. Die Entschlüssler:innen standen daher täglich vor einem neuem Rätsel. Die „Tagesschlüssel“ waren in Codebüchern festgehalten, sodass alle Chiffriermaschinen morgens die gleiche Einstellung hatten. Für jeden Funkspruch nutzten die Deutschen zusätzlich einen eigenen „Spruchschlüssel“ mit einer abweichender Ausgangsposition der Walzen. Dieser wurde mit dem Tagesschlüssel verschlüsselt und am Angang jedes Funkspruchs übermittelt. Sicherheitshalber wurde er wiederholt, um Übertragungsfehler auszuschließen.

Um die Enigma erfolgreich zu entschlüsseln, war es zunächst wichtig, die genaue Funktionsweise der Chiffriermaschine zu kennen. Hierbei half der Deutsche Hans-Thilo Schmidt (1888–1943), der im Ersten Weltkrieg gedient hatte und sich danach erfolgslos als Seifenfabrikant versuchte. Sein Bruder war Stabschef des Fernmeldecorps und verschaffte ihm eine Anstellung in der Berliner Chiffrierstelle – der streng geheimen Schaltzentrale für die Enigma. Frustriert und unterbezahlt, ließ sich Schmidt (Codename: Asché) ab 1931 vom französischen Geheimdienst für die Übergabe von Dokumenten bezahlen.

Der französische Geheimdienst bemühte sich erfolglos aus diesen Dokumenten den Enigma-Code abzuleiten. Im Biuro Szyfrów (Chiffrierbüro) in Polen fürchtete man sich jedoch ungleich mehr vor einem Überfall der Deutschen und hatte großes Interesse daran, die Funksprüche der Deutschen zu entschlüsseln. Durch ein Militärabkommen mit Frankreich erhielten das Büro die Enigma-Dokumente und beauftragte den Mathematiker Marian Rejewski (1905–1980) mit dem Problem.

Aus dem Spruchschlüssel, den die Deutschen am Anfang jedes Funkspruchs wiederholten, um Interferenzen oder Bedienungsfehler auszuschließen, leitet er in mühevoller Arbeit Kataloge und mathemaische Ketten ab. Hilfreich waren auch Codebücher, die der deutsche Spion Schmidt zur Verfügung stellte. Ab 1932 konnte Rejewski so den Tageschlüssel innerhalb eines Tages bestimmen und den geheimen Funkverkehr der Deutschen mitlesen.

Als die Deutschen ihr Verfahren leicht modifizierten, waren Rejewskis mathematische Kataloge nutzlos geworden. Nun entwickelte er ein mechanisches Katalogsystem, das den Tagesschlüssel automatisch suchte. Die Anlage – die erste bekannte Entschlüsselungsmaschine – benötigte zwei Stunden, um die Walzeneinstellung der Enigma zu bestimmen. Sie wurde „Bombe“ genannt; vermutlich, weil sie während der Arbeit laut tickte. Eine andere Erklärung leitet die Bezeichnung von einer Eisbombe ab, die Rejewkski verspeist haben soll, als er die Idee für seine Maschine hatte.

Als jedoch die Deutschen 1938 dann zwei neue Walzen mit abweichender Verdrahtung einführten, waren die Grenzen der polnischen Bombe erreicht. Auch der Kontakt zu Schmidt war abgebrochen. Kurz bevor Hitlers Armee am 1. September 1939 Polen angriff, erhielten Frankreich und England die Baupläne der Bombe und zwei Nachbauten der Enigma, um die Entschlüsselung fortzusetzen.

In Bletchley Park – 70 Kilometer von London entfernt – richtete das britische Militär 1939 eine geheime Dienststelle ein. Rund 10 000 Codebreaker, zumeist Frauen, entschlüsselten dort bis zu 80 000 abgefangene Funksprüche pro Monat. Alan Turing (1912–1954) und Gordon Welchman (1906–1985) hatten dazu die polnische „Bombe“ entscheidend weiterentwickelt, sodass der britische Geheimdienst rund 70% der deutschen Enigma-Funksprüche entschlüsseln. Nie ging es darum, sofort auf einzelne militärische Meldungen zu reagieren. Die Alliierten kamen so jedoch an wichtige strategische Informationen, mit denen sie den Verlauf des Krieges entscheidend beeinflussten.

Die Turing-Welchman-Bombe bestand aus 36 Enigma-Nachbildungen, die mit 64 Umdrehungen pro Minute alle möglichen Schlüssel durchprobierten. Am Ende zeigte die Maschine die Reihenfolge der Walzen und ihre Starposition an. Allerdings benötigte sich dafür mehrere Stunden. Dadurch ging kostbare Zeit verloren, in der die Alliierten nichts über die deutschen Pläne erfuhren. Mithilfe sogenannter „Cribs“ (Wörter, die mit hoher Wahrscheinlichkeit im Geheimtext vorkommen) konnten die britischen „Codebreaker“ die Rechenzeit der Maschine jedoch erheblich verkürzen, sodass der Tagesschlüssel schon innerhalb einer Stunde ermittelt war.

Enigma Objektfoto Walzen
MSPT, Foto: Bert Bostelmann
Enigma Objektfoto Steckerbrett
MSPT, Foto: Bert Bostelmann
Bletchley Park Enigma Entschlüsselung
Bletchley Park Trust / Foto: anonym
Funkspruch verschlüsselt Enigma
National Museum of the United States Air Force
Bletchley Park Turing-Welchman Bombe Enigma
Bletchley Park Trust / Foto: anonym

Helfen Sie den Codebreakern!

Weil sich bei jedem Tastendruck mindestens eine Walze um eine Position weiterdreht, wird bei der „Enigma“ ein Buchstabe nie mit sich selbst verschlüsselt. Ein A wird niemals zu einem A und ein B nie zu einem B usw. Ein Wort, das mit hoher Wahrscheinlichkeit im Geheimtext vorkommt, lässt sich deshalb durch Verschieben entlang des Geheimtexts auffinden. Solche Wörter heißen „Cribs“. Ein Beispiel ist das Wort „Wetter“, das im Wetterbericht vorkam, den die Deutschen jeden Morgen verschlüsselt ausstrahlten.

Mit „Cribs“ zum Erfolg!

Unterstützen Sie die Arbeit der britischen Codebreaker! So funktioniert der Crib-Schieber:

1. Verschieben sie das Wort „Wetter“ so lange mit der Maus um jeweils eine Position nach rechts, bis keiner der Buchstaben mit dem darüberstehenden Geheimtext übereinstimmt. Die Buchstabenfolge, die dann im Geheimtext steht, ist die verschlüsselte Form des „Crib“-Wortes.

2. Bewegen Sie den Schieber weiter nach rechts und suchen Sie nach weiteren Positionen, an denen keiner der Buchstaben mit dem Geheimtext übereinstimmt. Wie viele solche Positionen haben Sie gefunden?

Sie haben mehr als eine Position für den „Crib“ gefunden?

Das kam auch in Bletchley Park häufig vor. Die Codebreaker konnten lediglich Buchstabenfolgen vermuten, an denen das Wort mit einiger Wahrscheinlichkeit im Geheimtext enthalten war. Oft gab es mehr als nur eine mögliche Stelle. Mit einem Nachbau der Enigma ließ sich aber schnell prüfen, ob die gefundene Passage die richtige war. Falls nicht, wurde eine weitere Geheimbuchstabenfolge geprüft – solange, bis der Code geknackt war.


Enigma und mehr

Im Zweiten Weltkrieg war nicht nur die Enigma im Einsatz. In unserer Online-Ausstellung erfahren Sie mehr über die Enigma, den Lorenz-Geheimschreiber und den Doppelwürfel.

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